Seele entrümpeln - Leseproben - Seele entrümpeln- Seelenmüll abwerfen

Ja, es ist ein schmerzhafter Prozess. Ich war selbst erstaunt, wie viele Tränen es mich gekostet hat das „Seele entrümpeln“ zu schreiben. Tief ein- und ausatmen hat nicht immer geholfen. So oft bin ich einfach aufgestanden und habe  versucht mich abzulenken. Nicht mehr daran zu denken. Aber die Bilder, die Bilder bekam ich vor den Augen nicht mehr weg. Also setzte ich mich, wenn es wieder ging, zurück an den Schreibtisch um weiter zu machen. Einige Sachen wollte ich nie preisgeben, und habe es doch getan. ES musste sein, denn nur so kann ich mit diesen Altlasten abschließen. Nachdem dann alles fertig war … ja da habe ich tatsächlich ….Erleichterung verspürt

Aufräumen. All das entrümpeln was einen all die Jahre belastet hat. Nicht chronologisch, sondern so, wie mir zum Mute ist. Mein Vater würde wäre er noch am Leben, dazu nur sagen: „Schlampig. Was soll man denn auch von einer Schlampe anderes erwarten?“

Dass dieses Wort Schlampe im sexuellen Bereich eine ganz andere Bedeutung hat, habe ich erst viel später erfahren. Dass es da antörnend von den Männer benutzt wird. „Geile Schlampe. Gib’s mir, du geile Schlampe! Du brauchst es doch auch.“ Ein Wort, an dem sie sich aufgeilen.

Ich mich nicht, denn dieses Wort hasse ich, da ich mit ihm aufwuchs.

Als ich es das erste Mal an den Kopf geworfen bekam, war ich noch nicht in der Pubertät. Ich hörte es davor, bei vielen Gelegenheiten, wobei es jedoch immer auf meine Unordnung hinaus zielte.

Es tat trotzdem weh. Verletzte.

Ich war machtlos, ohnmächtig diesem Wort ausgesetzt.

Jetzt fehlt nur noch der Einwand: „Es lag in deiner Hand. Du hättest nur aufräumen müssen, ordentlicher sein, dann wäre das Wort nicht gefallen, und hätte dich somit nicht verletzen können.“

Viele Dinge weiß man bekannterweise später, begreift die Tragweite erst im Nachhinein.

Unordentliches Mädchen.

Ja ich war unordentlich. Mein Protest gegen das ach so Ordentliche, nach außen Zeigende.

Meine persönliche Note ist es bis heute geblieben. Meine Freundinnen kennen es und, haben auch kein Problem damit. Denn auch bei ihnen sieht es ähnlich aus. Gute Freunde müssen aushalten können, wie man sich wohlfühlt, und es daher nicht so aussieht, als würde man eine Musterwohnung betreten.

Ich mag auch nicht in Hektik verfallen: Schnell noch alles weg und aufräumen, bloß weil – spontaner – Besuch sich angemeldet hat. NEIN! Es ist mein Zuhause und ich lebe so, wie ich mich wohlfühle. Diese Kompromisse, die ich früher – teilweise – gemacht habe, lasse ich jetzt weg, das entspannt mehr. Ich entschuldige mich heute auch nicht mehr dafür. Denn es ist, wie gesagt, meine Wohnung, mein Zuhause – und wem das so nicht gefällt, der kann gehen.

Kein Chaos, sondern, wie ich es vor einiger Zeit einmal gelesen hatte: ..Das ist keine Unordnung, da liegen nur überall Ideen herum. Geniale Menschen sind selten ordentlich. Ordentliche selten genial. Diese Ansicht teilte sogar Albert Einstein. Demnach hatte man mich immer verkannt.

Eine ehemalige Nachbarin, die gute Adelheid, hatte den ganzen Tag in ihrer Wohnung Jagd auf Staubkörner gemacht. Es sah alles sauber aus. Glänzend, Perfekt. Um diese Perfektion dauernd halten zu können, muss man putzen, wienern und was weiß ich noch alles. Mich würde das unter Stress setzen, weil ja irgendjemand dann doch meckert, da er noch etwas gefunden hat.

Meine Freundin Birgit putzt ihre Fenster jeden Monat. Mir reicht das im Frühjahr und im Herbst. Solange ich noch durchsehen kann warum das undankbare Fensterputzen in Angriff nehmen. Undankbar deswegen, weil, wenn man mit dem Putzen durch ist, ist man in der Regel stolz auf das Vollbrachte, der Durchblick ist auch tatsächlich klarer geworden. Dann scheint die Sonne, und siehe da, da tauchen sie auf, diese fiesen Streifen. Und auf der anderen Seite klatscht der Regen dagegen. Alles für die Katz, oder Sisyphos lässt grüßen. Muss ich nicht haben. Putzteufel können sich meinetwegen austoben, solange und sooft wie sie wollen. Aber mich lasst bitte außen vor.

Birgit und ich hatten uns seit der gemeinsamen Schulzeit, ein paar gelegentlichen Treffen in der Deutschen Eiche, der Disco in Scheden einem Nachbarort, sowohl von Ihrer als auch von meiner Seite aus und einem meiner Besuche bei Kepa in Göttingen nicht mehr gesehen.

Oh ja viele Jahre sind ins Land gegangen. Ich hatte mal 2009 und 2010 Kontakt aufgenommen, als ich gerade glücklich geschieden, in meine jetzige Wohnung gezogen war, und mein künstliches Knie bekommen hatte. Diese drei Dinge geschahen in einem Zeitraum von vier Wochen. Da hatte Birgit sich zwar gefreut von mir zu hören, aber ihr Mann lebte noch und somit war sie ausgelastet.

Als dieser dann das Zeitliche segnete ausgerechnet – auch noch in meinem Geburtsmonat – meldete sie sich ein halbes Jahr später, weil ihr Schmerz so groß gewesen war und sie sich damals nicht vorstellen konnte wie es ohne ihren Mann weitergehen konnte. Sie brauchte jemanden zum Reden.

Die Zeit habe ich mir genommen. Birgit hatte im Gegensatz zu mir anscheinend Glück und Erfüllung in der Liebe und in der Ehe erleben können. Ich habe es ihr gegönnt. Seit dieser Zeit telefonierten wir dann ziemlich regelmäßig.

Im November 2014 war dann unser erstes Treffen, zu einem Besuch im Friedrichstadt-Palast. Maren hatte über einen ihrer ehemaligen Schüler Karten bekommen. The Wyld – Nicht von dieser Welt war eine Revue, die  wir mit einigen Freunden gemeinsam ansehen wollten.

Damals hieß es noch „Friedrichstadt -Palast“. Heute wird oft abgekürzt „Palast- Berlin“ gesagt, aber ob sich das bei den Berlinern so durchsetzt, ist die Frage, denn diese verbinden gern etwas damit. Und da der Friedrichstadt -Palast in der Friedrichstraße steht, und eine nahegelegene U-Bahn Station ebenfalls diesen Namen trägt, bleibt dieser Name an sich naheliegend.

Der neue Name wurde allerdings immer schon mal eingeblendet.

Nun ja, alles neu macht der Mai sagt man so … das war aber im November und der ist bekanntlich grau und kalt.

Birgit hatte sich also angemeldet. Fremdheit hatten wir trotz der vielen Jahre, die dazwischen lagen, nicht gespürt. Sie hatte auch versprochen, keine Bemerkung zu machen. Kaum saß sie, schaute sie sich aufmerksam um. Die Fenster hatte ich ein paar Tage zuvor geputzt, – nicht extra wegen Birgit, nein, es war Herbst – jedenfalls, die im Wohnzimmer und Petrus war mir hold, dass er nicht etwaige Streifen zeigte.

Lust auf Belehrungen, wie man Streifen vermied, hatte ich nicht. Klar hatte ich im Laufe der Jahre so einiges an Tipps und Ratschlägen, die in Zeitschriften nachzulesen waren, ausprobiert. Aber irgendwie waren die Fenster nicht unbedingt gewillt, sich diesem, neuen Wissen anzuschließen, und, ich hatte keine Lust, so lange an einem Fenster rumzuputzen, bis es von allen Seiten streifenfrei, je nach Lichteinfall war.

Ich hatte Kaffee gekocht und eine Apfeltarte gebacken, alles war gut gelungen. Die Form dazu hatte ich mir von Silke zum Geburtstag schenken lassen. Sie war perfekt, auch zum auf den Kaffeetisch zu stellen.

„Aus der Form wirst du die Tarte nicht raus bekommen“, bekam ich zu hören. „Will ich gar nicht. Sie sieht hübsch aus, ich schneide sie in Stücke und setze dann den Tortenheber an.“

„Christa… „Ein strafender Blick.

„Birgit, hattest du nicht gesagt, keine Kommentare bezüglich, meines Haushaltes? Du wirst sehen, das geht so. Ich mache das nicht zum ersten Mal.“

Ruhe im Karton.

Erstmal. ©

….und das ist noch eine der humorvollsten Geschichten in diesem Buch

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Christa Helling

Vorwort

LESEPROBEN:

Der rote Faden 

Bundesjugendspiele

Nachwort und Rückentext