Seele entrümpeln - Leseprobe - Der rote Faden
Etwas zu verdrängen
ist die einfachste
Lösung, doch auf Dauer
tötet es die Seele.
Der „rote“ Faden
Ich muss so zwischen elf und zwölf gewesen sein als ich mit den Nachbarsjungen von schräg gegenüber gespielt habe. Jonas so alt wie ich, und sein älterer Bruder Dirk.
Manche Erinnerung, so stelle ich immer wieder fest, fällt nicht leicht aufzuschreiben. Normalerweise spielte ich mehr mit deren Schwester Angela die etwas jünger war. Wie es kam, dass ich mit einem Mal mit den beiden im Holzschuppen war, weiß ich nicht mehr. Das war an sich so weit auch nicht dramatisch, wenn ich eben mit Angela und Jonas spielte.
Nur deren großer Bruder hatte so etwas Wildes, Unberechenbares, vor dem hatte ich Angst. Dieses Gefühl sollte sich bestätigen. Dirk verschloss den Holzschuppen. Wir lehnten die Tür sonst immer nur an. Dann drängte er mich auf den vorderen aufgeschichteten Holzhaufen. Fauchte seinen Bruder an, er sollte mich festhalten.
Ich wusste nicht so recht, was das bedeutete, und wehrte mich. Dirk machte meine Bluse auf. Erschrocken schaute ich ihn an und versuchte das zu verhindern. Böse schaute er mich an und meinte dann:
„Lass das, ich will was wissen, und du wirst mir antworten.“
Jonas wusste nicht so recht, wie er sich verhalten sollte, aber auch hier siegte die Angst vor seinem Bruder. Hatte ich noch gehofft von ihm Hilfe zu erhalten, musste ich jetzt einsehen dass er mich nicht unterstützen würde. Oh mein Gott, wie sehr schämte ich mich in diesen Minuten. Dirk schob mein Hemdchen nach oben und berührte mich dann dort, wo später mal Brüste zu erwarten waren. Er fragte mich, was denn da mal sein würde.
Wir hatten in der Schule gerade mit Sexualkundeunterricht angefangen. Es war per Handzettel nachgefragt worden, ob die Eltern damit einverstanden seien. Ob Ja oder Nein, musste unterschrieben wieder mitgebracht werden. Das war ein schwieriges Thema, weil meine Oma strikt dagegen war, und dann wurde der Unterricht auch noch von einem Lehrer, der das Parteibuch der Sozialdemokraten hatte, gegeben.
Undenkbar, dass so einer das Thema unterrichtete. Ich durfte an diesem Unterricht nicht teilnehmen. Als Einzige in der Klasse.
Der Spott gehörte mir.
Meinen Eltern war anscheinend nicht klar, in welches Abseits sie mich dadurch beförderten.
Auslachen.
Mit dem Finger auf mich zeigen.
Die „BRAVO“ durfte ich auch nicht lesen, war kein Geld für da. Aber bei Mona von gegenüber hatte ich da schon mal durchgeblättert.
Jetzt lag ich weinend auf diesem Stapel …Jonas der mich festhielt, um bei seinem Bruder nicht in Ungnade zu fallen, stand dabei auf einem kleinen Stapel. Das Holz rutschte, es tat weh im Rücken. Dirk hob jetzt meinen Rock hoch. Ich strampelte mit den Beinen, trat um mich, schrie und bekam eine Ohrfeige.
„Sei still, sonst … „Er zückte sein Taschenmesser, zog mein Höschen bis zu den Knien herunter und, fasste zwischen meine Beine.
„Was haben wir denn da?“ Ich schwieg. „Hast du meine Frage nicht gehört?“, knurrte er.
„Doch“, antwortete ich leise.
„Dann möchte ich wissen, was das hier ist.“ Mir schoss die Röte nur so hoch. „Ich höre“, sagte er … und sein Taschenmesser glitt von meinem Bauchnabel langsam runter. Jonas wurde es mulmig, aber unter dem Blick seines Bruders wagte er nicht aufzumucken. „Komm, steck mal den Finger hier rein und sage mir wie man das nennt.“ Ich schüttelte weinend den Kopf. Wieder spürte ich das Taschenmesser jetzt mit etwas Druck.
„Scheide“, flüsterte ich.
„Lauter! Ich will, dass du es lauter sagst.
Und weiß du, was das hier ist?“ …Dirk machte seine Hose auf, holte etwas heraus … „Sag, was es ist!“…
In dem Moment war draußen Tumult. Mein Vater und meine Mutter hatten mich gesucht und riefen nach mir. Die Eltern der beiden suchten ebenfalls. Ich weiß nicht, wie meine Eltern darauf gekommen waren hier zu suchen. Vielleicht hatte mein angstvolles Schreien doch jemanden aufmerksam werden lassen. Jonas ließ mich los. Man half mir von dem Stapel runter, zitternd zog ich mein Höschen wieder hoch, meine Bluse schief zugeknöpft. Tränen verschmiertes Gesicht. Haare zerzaust. Dirk hob das Taschenmesser und sagte: „Du darfst nicht verraten, was hier passiert ist, sonst holen wir deine kleine Schwester.
Zitternd antwortete ich: „Ich sage nichts.“
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