DER SCHLÜSSEL - Leseprobe 1 - aus Mittendrin ...Iris trifft auf die Rosenthals

 

Iris trifft auf die Rosenthals

Sie zog seinen Koffer heraus, schloss den Kofferraum. „Da ist noch eine Kiste drin, du wirst noch mal runter müssen.“

„Ich weiß“, antwortete er. „Ich habe schließlich wie alle auch eine Kiste bekommen.“

„Irgendwie ist das ungerecht, du und Malon habt dadurch zwei, Anja, Sascha, und Simon sogar drei und ich nur eine.“

„Ben hat auch nur eine“, erinnerte Erik. „Tu dich doch mit ihm zusammen.“

„Erinnere dich, ich sagte, ich mag ihn als Freund nicht als Liebhaber, obwohl er ganz manierlich küsst“, erklärte Iris. Dann klingelte sie bei Malon und rief: „Wir sind es, mach auf!“

„Manierlich …“ Erik japste. „Was ist denn das für ein Ausdruck?“
„Ganz gut, aber deine …“ Sie ließ es offen.

„Bitte Iris“, bat Erik, jetzt wieder ernst werdend.

„Keine Angst, ich steh zu dem was ich sagte, ich wildere nicht in fremden Gefilden und schon gar nicht bei einer Freundin.“

Malon hatte die Tür geöffnet, war überrascht, dass sie doch so zeitig kamen, denn Leandrah hatte zwischendurch vermeldet: Stau, Stau, Stau. Carlo, Christina und die Rosenthals waren noch bei ihr, sie hatten Bilder durchgesehen und erzählt, viel erzählt. Malon hatte alles ordentlich aufgezeichnet, damit den anderen diese Informationen auch zugänglich wurden. Bei jedem Bild kamen neue Erinnerungen … Malon fragte nicht unbedingt nach, sie wusste, wenn der Erzählfluss erst einmal losgelöst war, dann setzte sich Puzzleteil auf Puzzleteil.

Malon hatte nach dem Klingeln die Tür auch oben geöffnet und war in der Küche verschwunden um frischen Kaffee aufzubrühen. Iris trat ein, stellte das Gepäck in den Flur.

„Huhu, keiner da?“ rief sie fragend. Erik kam schnaufend hinterher, die Kiste war ordentlich vollgepackt und durch den Hof und dann bis in den dritten Stock das merkte man schon. Er begab sich auch sogleich in die Küche um diese dort abzustellen.

„Ich hab dir etwas mit gebracht.“

Malon drehte sich um. „Da steht Iris drauf, hast du dich da nicht vertan?“

„Nein, ganz und gar nicht, das ist rein zum Schutz …“, beteuerte Erik. „Hat Eva gemacht.“

In dem Moment hörten sie einen Aufschrei aus dem Wohnzimmer. Iris, auf der Suche nach Malon, war von offenstehender Tür zu offenstehender Tür gegangen, in der Hoffnung die Freundin zu finden und dabei eben auch ins Wohnzimmer gelangt. Neugierig trat sie ein, Leute die sie nicht kannte saßen dort am Tisch, schienen Bilder anzusehen und diese ganz alte Frau erzählte gerade etwas, als sie abrupt innehielt auf Iris starrte und aufschrie. Ihr Mann drehte sich um, als er das seltsame Gebaren seiner Frau wahrnahm.

„Mein Gott“, flüsterte er, bekreuzigte sich unwillkürlich. Carlo und Christina schauten jetzt auch zur Tür.

„Iris, nicht wahr?“, fragte Christina die diese schon ein paar mal im Haus gesehen hatte, wenn sie Malon besucht hatte.

„Das ist Iris von Walden?“, fragte Carlo überrascht. „Die Radiomoderatorin?“

Iris nickte langsam. „Bin ich und Sie sind …?“

Sie kam nicht zum Ende, denn die alte Frau Rosenthal sprang auf und sagte: „Das ist sie, die Teufelin Helena von Lohen!“

Malon und Erik traten ein. Malon sehr besorgt, als sie das blasse Gesicht von Frau Rosenthal sah. Malon sprach langsam auf sie ein; „Das ist meine Freundin Iris von Walden.“ Erik holte ein Glas Wasser und langsam trank Frau Rosenthal davon, allerdings, ohne Iris aus den Augen zu lassen.

„Entschuldigen Sie bitte“, bat sie dann. „Sie sehen jener nur so verblüffend ähnlich. So wie Anja Holm der Isabella. Bei ihr waren wir auch so überrascht. Sind Sie mit jener auch befreundet?“

„Ja“, antwortete Iris langsam. „Bin ich, auch mit Bastian, Leandrahs Freund, der einst Alexander Bretoni war. Glauben Sie mir, dass es für mich kein Zuckerschlecken ist, als Medium von dieser Frau genutzt zu werden. Wenn ich Sie also erschreckt habe, tut es mir leid.“ Sie sah wirklich total zerknirscht aus.

Malon beglückwünschte sich insgeheim, das alles aufgezeichnet wurde. Erik beobachtete Iris sehr aufmerksam, machte sich Sorgen um sie, diese erneute Konfrontation als Helena betrachtet zu werden. Iris schaute auf den Tisch, wühlte zwischen den Bildern, fand einige wo Helena zu sehen war, auch deutlich getroffen, Schnappschüsse …

Ein Ruck schien durch sie hindurch zu gehen. „Na nun, Bilder von mir … Wer hat sich denn so etwas erlaubt? Ich habe doch bewusst darauf geachtet, dass so etwas nicht geschieht. Es ist nicht gut, dass man auf Bildern zu sehen ist, denn wenn eine neue Zeit kommt, können diese schnell zu einer Falle werden. Wer also ist für diese Bilder verantwortlich?“

Ihre Stimme klang schneidend kalt.

Carlo und Christina, sowie die Rosenthals blickten zu Erik, sie hatten das Phänomen ja schon bei Anja erlebt, allerdings erst nachdem Malon das Bild von Sonja neben sie hielt, aber jetzt hier …

Zitternd griff Herr Rosenthal nach einem der Bilder und drehte es um, die Unterschrift des Fotografen war deutlich zu lesen. Iris starrte darauf. „Oh, mein herzallerliebster Schwager, sieh mal einer an, noch ein Grund ihn sich mal richtig vorzuknöpfen und ihn dafür zur Rechenschaft zu ziehen.“

Anja, die gerade zu Hause angekommen war und ihrem Laptop geöffnet hatte, rief postwendend bei Bastian an. „Fahr sofort zu Malon … Nimm ein Taxi und lass dich dorthin fahren, sieh dir aber vorher die letzten zwanzig Minuten an, die Malon aufgezeichnet hat. Es ist wichtig.“

„Okay, und du fragte Bastian. Ich komme gleich mit Ben nach, er wird Saschas Vater erst einmal hier her bringen. Ich denke wir sollten auch da sein.“

Es klingelte, Anja öffnete und hastete raus, öffnete die Beifahrertür und bat ihren Schwiegervater in spe auszusteigen und ins Haus zu gehen, Sascha würde ihm alles erklären. Verstört stieg er aus und Anja ein. Ben schaute sie überrascht an. „Fahr zu Malon, sofort, ich erkläre es dir unterwegs.“ Plötzlich: „Fahr zurück, ich nehme doch lieber meinen Wagen, das macht mich unabhängiger.“

Erik schaute auf Iris, sollte sie nicht geschützt sein durch das Amulett das Eva ihr umgelegt hatte. Er sah, dass sie es nicht trug. Er verließ die Wohnung leise und suchte in ihren Sachen, es war wohl beim Ausziehen des Rollkragenpullovers, den sie am Vortag getragen hatte, mit abgestreift worden. Oh ja, da war er. Schnell verstaute er ihre Sachen wieder, nahm das Kettchen und wollte gerade wieder ins Haus, als Ben, Anja und Bastian auf ihn zukamen.

„Sie hat wohl aus Versehen, das Amulett von Eva, mit ausgezogen gestern“, sagte Erik und hielt es hoch. „Lasst uns schnell nach oben gehen, wer weiß was jetzt als nächstes passiert.“ Schweigend eilten die vier nach oben, da Erik die Tür offen gelassen hatte, konnten sie hineinhuschen.

„Bastian, du wirst als erster eintreten“, bestimmte Ben.

Er nickte, begab sich dann zu Malon ins Wohnzimmer, ganz locker wie es schien.

„Du Malon, sag mal hast du noch …?“ Weiter kam er nicht. Iris fuhr auf den Absatz herum.

„Sieh mal an, der saubere Alexander Bretoni.“ Sie hielt ihm die Bilder unter die Nase. „Alle von dir gemacht, dabei weißt du ganz genau dass ich nie fotografiert werden wollte. Ich habe ganz klar und deutlich die Ansage gemacht. Wie also erklärst du mir das jetzt?“

Herr Rosenthal schaute auf Bastian, überrascht. „Ohne den drei Tage Bart meine Liebste …“, sagte er zu seiner Frau gewandt. „… sieht er wirklich aus wie der nette und immer fröhliche Herr Bretoni.“

„Oh ja“, sie stimmte ihm zu. „Das sieht er wirklich, aber auch der Bart steht ihm gut.“

Iris Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. „Nun, was hast du mir zu sagen liebster Schwager?“

„Nun …“ Bastian sammelte sich, wandte sich Iris zu. „Du warst eine wichtige Frau und wichtige Leute zu fotografieren, ist das Brot eines jeden Fotografen.“

„Ich …“ Iris stampfte wütend auf. „… habe ausdrücklich darauf bestanden, dass es keine Bilder von mir zu geben hat.“

„Warum eigentlich nicht?“, fragte Bastian. „Du warst in elitären Kreisen unterwegs, schöne, reiche, einflussreiche Männer lagen dir zu Füßen, du hättest sie alle haben können, warum sollte ich dich da nicht auf Zelluloid bannen?“

Wie eine Raubkatze kam sie auf ihn zu. „Die haben mir nichts bedeutet, keiner von ihnen, haben wollte ich ab einen gewissen Zeitpunkt nur dich, den Mann meiner Schwester.“

„Ich dich aber nicht, zu keiner Zeit, eine Frau die buchstäblich über Leichen geht. Eine Frau die ihren einstigen Liebhaber kaltblütig und ohne eine Wimper zu zucken erschießt. Ich habe zusehen können, aus dem vergitterten Fenster, des Gefängnisses, in das du mich gebracht hast. Du bist so kalt und ichbezogen, so unbarmherzig, so gnadenlos …“

Iris lehnte an dem Tisch. „So wortgewandt mein Lieber, vergiss nicht, wie ausgehungert du warst nach Liebe und Zärtlichkeit, als ich dich aus dem Gefängnis befreite. Es war, wie du dich vielleicht erinnerst, nachdem ich dir die schmerzvolle Nachricht überbrachte, dass deine geliebte Isabella sowie meine geliebte Nichte auf der Flucht umgekommen waren.“

„Du Teufelin, du hast immer nur alle benutzt!“

„Habe ich das?“, fragte sie, sich den Rosenthals wieder zuwendend, „Sie haben sich doch von dannen machen können, noch rechtzeitig. Ich hätte sie auch den Tag noch stellen können, habe ihre Abreise sehr wohl beobachtet und auch dafür gesorgt, dass sie ihr Schiff nicht verpassen. Kabine neununddreißig und vierzig wenn ich nicht irre.“

Rosenthals wurden blass. Es stimmte, sie hatten genau diese Kabinennummern gehabt. „Was …“ Frau Rosenthals Hände glitten unruhig über den Tisch. „… spielen Sie für ein Spiel?“

Iris lächelte diabolisch. „Ich habe ihren guten Bohnenkaffee immer sehr genossen, den Sie mir in der Verkleidung meiner reizenden Schwester, servierten. Dank der netten Plauderei habe ich so einiges im Haus und in der Straße mitbekommen, nun da wollte ich mich doch erkenntlich zeigen.“

Frau Rosenthal griff sich an den Hals, sie röchelte. ©

Viele Überraschungen warten in diesem Buch.

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Christa Helling

Vorwort

LESEPROBEN:

aus Mittendrin 2

Malon's  Eingebung 

Malon's  Gefühl 

Helenas ausgeklügelte Rache

Rückentext